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Inkognito (Ausschnitte)

Inkognito (Ausschnitte)

Publié le 16 mai 2023 Mis à jour le 16 mai 2023 Culture
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Inkognito (Ausschnitte)

Autor: Kiss Tibor Noé
Übersetzer: Eva Zador

Der Platz spiegelte sich im Schaufenster des Kaufhauses. Die Sonne malte die Bäume, die Autos, die Häuser gegenüber auf die Scheibe. Die Sonne funkelte, es schimmerten die Windschutzscheiben, die Lampen, die Fenster. Der Parkplatz war dick von Staub bedeckt, er tünchte den Zeitungsstand und die Wände weiß. Am Schaufenster fuhren Autos vorbei, jagten einander im Mosaik der Scheiben. Die Passanten blieben vor dem Schaufenster stehen, sahen sich die reduzierten Möbel an, die Sommersandalen, die Strohhüte, die Gartenwerkzeuge, die Geschirrservice, ihr eigenes Spiegelbild. Ich verzog mich unter einen Baum, in den Schatten. Versteckte mich vor dem Licht, vor den Blicken der Menschen. Auf dem Weg zum Kaufhaus war ich zwei Mädchen begegnet. Sie hatten mich ausgelacht. Mit dem Finger hinter meinem Rücken auf mich gezeigt, während sie ihr Eis schleckten, ich hatte es gespürt. Mit dem Finger auf mich gezeigt, während sie ihr Eis schleckten, ich hatte es gesehen, als ich mich umdrehte. Ich schämte mich unter den normalen Menschen. Kroch entlang den Hauswänden weiter, ganz bis zum Kaufhaus. Verzog mich unter einen Baum, in den Schatten, um die nach Pisse stinkende Bank machten alle einen großen Bogen. Ich hatte plötzlich Angst vor den Menschen, konnte ihnen nicht ohne Scham in die Augen schauen. Ich saß zwanzig Meter vom Eingang zum Kaufhaus entfernt. Von der Bank aufzustehen, um die parkenden Autos herumzugehen, die Straße zu überqueren, durch die sich automatisch öffnende Tür zu treten, zu gehen, mich zu bewegen, schien unmöglich. Unsichtbar zu werden, schien ebenso unmöglich. Nach Hause konnte ich auch nicht gehen, überall kamen und gingen Menschen. Frauen oder Männer, nicht so wie ich, überhaupt nicht so wie ich. Der Wind verfing sich in den Zweigen, die Schatten tanzten auf den Kieseln. Die Sonnenstrahlen erhitzten den Asphalt, die Plastikverkleidung des Kaufhauses schmolz. Ein trockenes Licht schien auf die Gegenstände, beraubte sie ihrer Konturen. Ein eintöniger, farbloser Glanz legte sich über sie. Im Schaufenster des Kaufhauses funkelte der Platz. Ich sah mein Gesicht in der Scheibe aufleuchten. Ich sah die traurige Blässe auf meinem eigenen Gesicht. Die Pergamenthaut, die blutleeren Lippen, die grauen Pupillen. Ich sah mich selbst, wartete auf der Bank kauernd auf den passenden Augenblick.

Das Bild in meiner Vorstellung hält mich gefangen, sein Geheimnis enthüllen kann ich nicht. Ich wache mit ihm auf, lege mich mit ihm schlafen, die Frau auf dem Bild lässt mich nicht los. Das Licht blitzt auf ihrer Schuhspitze auf, ein perlweißer Fleck auf schwarzem Lack. Im glimmenden Licht blitzt mein Gesicht auf. Als würde sich das Licht in die Haut einbrennen, das Gesicht unsichtbar machen. Der Wind wird stärker, pustet meine Augen, meinen Mund, meine Nase vom Bild. Das Bild bleibt dennoch vor mir, das Bild, mein Tyrann. Klaviermusik, quietschende Scharniere, die Tür öffnet sich. Ein mit dem Zirkel gezeichneter Bogen auf dem Parkett, die Zugluft braust durch das Zimmer. Mein Rücken schmerzt, die Knie zittern, langsame, tiefe Atemzüge. Schatten, gesichtslose Gesichter, Formlosigkeiten. Eins, zwei, Dreieck, Viereck, Sechseck, Oktogon, Oktaeder, Oktaven auf dem Klavier, graubraune Flecken auf den Flügeln der Motte. Fremde in der Tür. Sie scheint im Schatten auf, die traurige Blässe meines Gesichts scheint auf. Eine Frauengestalt im Schaufenster des Kaufhauses, ihre Haare fallen auf die Schulter, ein bunter Gürtel umschlängelt ihre Taille. Glitzernde Gürtelschnalle, glitzernder Armreif im glitzernden Staub. Die Sonnenstrahlen ziehen einen Seidenvorhang um sie, um sie, die schöner als die Sonne ist. Der Asphalt dampft vor Hitze, die Frau steht vor dem Schaufenster, betrachtet sich im Spiegel. Ich schaue vom Schatten ins blendende Licht, meine Augen flimmern, begraben die Dunkelheit, sie hinter die Augenhöhle drückend. Die Frau hüllt sich in Lichtbündel, die Frau strahlt, sie glänzt. Auf der Bank kauernd einer Unbekannten die Liebe gestehen, stumm, zwischen den Zähnen Wortbrocken hervorbringend. Der im Schaufenster funkelnden Frau die Liebe gestehen. Aufstehen und losgehen, auf die Frau zu. Die Schatten zählen. Weiter die quietschenden Scharniere hören, das Flüstern, den Widerhall, der Frau auf dem Bild nachjagen. Der Frau weiter nachjagend wird der sich selbst vierteilende Blick mitgerissen. Es läuft immer dasselbe, es rinnt, vergeht. Der sich selbst vierteilende Blick ist derselbe. Er vergeht nicht.

Auf der Bank kauernd warte ich auf den passenden Augenblick. Der Himmel ist stockdunkel, über den Dächern dunkelblau, um die Sterne nachtschwarz. Die Sterne sind kaltweiß. Sterne strahlen am blauschwarzen Himmel, die Straßenlampen gelblich weiße Punkte im Dunkel. Neonbuchstaben seitlich am Kaufhaus, transparente Deckenleuchten aus Plastik, Gebilde am Horizont, Gebilde auf meinem Gesicht, blutleere Lippen, graue Pupillen. Neonbuchstaben blinken, zirpen seitlich am Kaufhaus. Die Käfer verheddern sich im Licht. Die Käuze verheddern sich im Knäuel. Käfer, Käuze, Knäuel, die Wörter halten mich gefangen, das Bild in meiner Vorstellung hält mich gefangen. Eine Frauengestalt im Schaufenster des Kaufhauses, sie strahlt in Lichtbündel gehüllt. Ausradiertes Gesicht, falsch zugeknöpfter Blazer, ich bin. Allein. Stern, er strahlt, Sterne, ich strahle. Wer ist diese Frau, wer ist jene Frau, auf dem Bild, im Schaufenster des Kaufhauses. Wessen Gesicht leuchtet da im Lampenlicht. In wessen Ohren zirpen die Neonbuchstaben süße Worte. Wessen Namen flüstern die Blätter der Bäume. Wem die Liebe gestehen. Einer Unbekannten die Liebe gestehen. Mir selbst die Liebe gestehen. Auf der Bank kauernd warte ich auf den passenden Augenblick. Stockdunkel, blauschwarz, nachtschwarz, dunkelblau. Ich verschränke die Finger, kralle mit blutroten Fingernägeln in mich selbst. Meine Knie zittern, der auf dem Platz tobende Wind fährt mir bis ins Mark. Meine Tränen fließen, mein Herz klopft, pocht, hämmert. Zu Stein erstarrt warte ich, blute ich. Die Schatten zählen. Weiter die quietschenden Scharniere hören, das Flüstern, den Widerhall, der Frau auf dem Bild nachjagen. Die Frauengestalt verschwimmt in der Schaufensterscheibe, doch das Gesicht erkenne ich, mein Gesicht. Der im Schaufenster kauernden Frau die Liebe gestehen, Tibor liebt Noémi, Noémi liebt Tibor. Mir selbst die Liebe gestehen. An der Bushaltestelle wechselnde Leuchtreklamen, das Kaufhaus bewacht stumm den Platz, die Klaviermelodie verirrt sich im Halbdunkel. Ich bin. Allein, sehr allein.

Meine Tränen begannen zu fließen, als die Scharniere quietschten. Die erste Träne rann mir übers Gesicht, als die Motte gegen den Kronleuchter prallte. Die Motte stürzte still hinab, als die Scharniere noch immer quietschten. Zweiundzwanzig Uhr, dreiundzwanzig Minuten, elf Sekunden. Die Scharniere quietschen, der Zeiger tickt, Fremde in der Tür. Ich sehe sie verschwommen, vier Gestalten im neonweißen Licht. Évi erkenne ich, ihre Armbanduhr glitzert, Rhomben flechten sich auf ihren Strümpfen ineinander. Außer ihr sind alle anderen Fremde. Verblassende Bilder, sich zu Schatten wandelnde Gesichter. Ich möchte wissen, wer jene Frau im Schaufenster des Kaufhauses ist, wer jene Frau ist, der ich nachjage. Mein Arm ist eingeschlafen, ich schwitze, schnappe nach Luft. Ich möchte so Vieles wissen, fürchte aber, es gibt keine Antworten. Der Stuhl knarrt, Evelin steht vom Tisch auf, Laca zieht an der Zigarette. Mir wird plötzlich heiß, schwindlig, ich bohre meine Knie seitlich in den Sessel. Wenn ich doch nur für einen Augenblick abschalten könnte. Zwölf, dreizehn, vierzehn, wenn ich doch nur für eine Sekunde eine Pause machen könnte. Ich flehe nach ein, zwei, drei, vier, zwanzig Sekunden, ohne Furcht, ohne Brummen, Surren, Vibrieren, Quietschen, nach einer Minute, in der mir das Gefühl der Fremdheit nicht das Herz zusammenquetscht. Aus dem Bild heraustreten, zu Leben erwachen, atmen. Existieren, fünf Buchstaben, fünf senkrecht. Leben. Länderkennzeichen von Rumänien, zwei Buchstaben, vierzehn waagerecht. Ro. Druckerfamilie aus Gyoma, vier Buchstaben, einundzwanzig waagerecht. Kner. Das Kreuzworträtsel liegt auf dem Tisch. Auf der Karikatur eine Frau, mit halb aufgeknöpfter Bluse, halb in der Tür ein Mann, die Pointe des Witzes in den hellblauen Quadraten. Die Lösung ist bis zum zwanzigsten September einzuschicken. Der Einsendeschluss ist vorbei, es ist der zweite Oktober, zweiundzwanzig Uhr, dreiundzwanzig Minuten, vierundzwanzig Sekunden. Auf dem Bild eine Frau, mit verschwommenem Gesicht im glimmenden Licht, zehn Sekunden habe ich gelebt. Die Quadrate verschwimmen, schwarze Tintenkleckse machen sich auf dem Blatt breit. Im Halbdunkel sehe ich zwei Mädchen und einen Jungen. Oder zwei Jungen und ein Mädchen. Oder die Frau im Schaufenster. Oder mich selbst. Ich habe Angst vor den Antworten.

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